Es ist noch gar nicht so lange her, dass ich oft als Einzige in der Öffentlichkeit strickte und das überhaupt auch sonst nicht viele taten. Die Menschen sahen mich verwundert an und fragten sich, welche Art einer Alien-Spezies ich wohl sein könnte. Vor 20 Jahren habe ich, wie alle anderen zur damaligen Zeit auch, in der Schule stricken gelernt. Im Gegensatz zu den meisten Anderen habe ich jedoch bereits damals daran Gefallen gefunden. Ich fand es cool, dass ich damit einzigartige Accesoires und Kleidung selber machen konnte. Jugendliche blühen nämlich auf, wenn sie einen einzigartigen und unvergesslichen Eindruck hinterlassen!
Gerade weil es eine zeitlang eine Lücke in der Tätigkeit des Strickens- und Häkelns gab, bin ich nun sehr glücklich zu entdecken, dass immer mehr Menschen dieses wunderbare Handwerk wiederentdecken- und ausüben. Es ist aber nicht nur beeindruckend wegen der Produkte die daraus entstehen, sondern auch wegen des unglaublichen gesundheitlichen Nutzens, den wir durch diese Tätigkeit erfahren.
Stricken und Häkeln sind tatsächlich eine Art mentales Yoga. Zum Einen werden dabei die motorischen Fähigkeiten ausbalanciert, es ist möglich ganz entspannt und automatisch die Bewegungen auszuführen. Das Gehirn kann entspannen während sich die Finger bewegen.
Es konnte beobachtet werden, dass sich dabei die körpereigenen Rhythmen wie Herzfrequenz und Gehrnströme verlangsamen, das Empfangen unterbewusster Informationen vereinfacht wird und Zustände wie Tagträumen zu einer natürlichen Selbstverständlichkeit werden.
Wissenschaftler haben sich der Erforschung der Vorteile der motorischen Tätigkeiten von Stricken und Häkeln gewidmet. „Mayo Clinic“ berichtet beispielsweise in einem Report aus dem Jahr 2011, dass Stricken das Alzheimer Risiko um 30 – 50 % reduzieren kann und leichte kognitive Störungen verringert. Wenn es also aktuell noch keine vollständige Heilungsmethode für Alzheimer gibt, so gibt es doch vielfältige Möglichkeiten, die den Prozess des Verlustes kognitiver Fähigkeiten verlangsamen und die Lebensqualität durch gehirnstimulierende Tätigkeiten mittels Koordination von Bewegung und Sehsinn erhöhen.
Ebenso wirkt es unterstützend, neue motorische Fähigkeiten zu entwickeln und die bereits existierenden wieder zu stärken, indem bestimmte Abfolgen und Patterns wieder erlernt werden etc.
Hier sind nochmal einige der positiven Auswirkungen des Strickens und Häkelns aufgeführt:
- Handwerkliche Tätigkeiten sind ein Weg, Stress zu reduzieren und kreative Erfüllung zu erreichen.
- Das sich wiederholende Pattern hat eine ähnliche Wirkung wie Meditation, mündet jedoch in einem greifbaren Ergebnis, das unser Selbstwertgefühl steigern kann.
- Es senkt die Herzfrequenz und den Blutdruck, wenn die erste Lernkurve erst einmal gemeistert ist und sich der Prozess automatisiert.
- Es wird auch als Therapiemittel in der Raucherentwöhnung angewandt
- Sogar soziale Fähigkeiten können verbessert werden, es wird weniger nebenbei geraucht oder gegessen, weil die Hände mit der Bewegung und dem Material bereits beschäftigt sind.
- Es hält den Geist beschäftigt, was besonders Menschen zugute kommt, die sonst viel grübeln und in diesem Zusammenhang Ängste oder Störungen entwickeln.
- Selbst etwas herzustellen hilft älteren Menschen sich weiterhin produktiv zu fühlen, vor Allem dann, wenn durch Alzheimersymptome andere Fähigkeiten verschwinden.
- Stricken und Häkeln hält jene mit „unruhigen Händen“ beschäftigt
- Die sensorische Stimulation durch das Garn erzeugt positive Gefühle und kann als eine Form des Selbstausdrucks dienen.
Wenn du nun stricken als alternatives Yoga einmal ausprobieren möchtest, kommt hier das Rezept: Suche dir ein hübsches Garn aus und lege die Nadeln bereit, plane für eine Session eine Zeitspanne von 15-20 Minuten ein, wähle dir eine gemütliche Umgebung und wenn du magst noch eine entspannende Musik dazu aus. Wähle dir ein Pattern aus, das deinem Level entspricht, dir ein leichtes Ausführen ermöglicht und dir somit ein Gefühl von Fähigkeit vermittelt. Erinnere dich, dass das Erlernen von neuen Patterns nicht Teil dieses Yoga-Prozesses ist, solange es neue Verknüpfungen in deinem Gehirn aufbaut und damit auch eine mentale Herausforderung beinhaltet. Um Entspannung während des Strickens zu erreichen solltest du im Flow bleiben – die Hände während automatisierter Bewegungsprozesse einfach erschaffen lassen. Beschäftigte Hände bewirken ein fokussiert Sein des Geistes auf das Hier und Jetzt.
Stricke! Sei präsent! Erschaffe!
Der Strickcafé findet jeden ersten Donnerstag im Haus der Religionen in Bern von 9 bis 11 Uhr statt. Das Angebot ist kostenlos.
Spannend! Ich würde gerne vorbeikommen und endlich stricken lernen 🙂