Nachbarschaftstag in postpandemische Gesellschaft: Beispiel von Ittigen.

In unserer heutigen hochkosmopolitischen Gesellschaft teilen wir den gleichen Raum mit Menschen unterschiedlicher Herkunft, unterschiedlicher Religion und unterschiedlicher Sprachpräferenzen. Wie einfach ist es? Und doch sind wir alle hier und jetzt: im Land des Pluralismus und im postpandemischen Zustand. Wie stark ist unser Geist nach dem Covid-19? Und wie uneinig sind wir nach der Lockdown-Erfahrungen, nach der graduellen Gewöhnung ans Homeoffice und Isolation?

Die letzten beiden Jahre waren für uns alle eine riesen Herausforderung. Die Pandemie war für vielen von uns eine Prüfung der Geduld und der Ausdauer. Besonders jetzt, wie nie zuvor, die einfache menschliche Umarmung, ein kurzes „Hallo, wie geht es dir?“ vom Nachbarn, ein “Smalltalk” auf der anderen Straßenseite oder Tee trinken und plaudern – all diese kleinen Dinge helfen, seelisch stark und gut gelaunt zu bleiben.

Besonders jetzt, wo die Welt in vielerlei Hinsicht agonisiert, ist es das Beste für unseren Geist und unsere Seele, vereint zu sein, anstatt geteilt zu werden.

Es ist der beste Moment, um den Tag der Nachbarn zu feiern.

Natürlich wissen wir alle, dass wir Nachbarn haben und wir wissen, dass wir nett zueinander sein sollten. Dies ist in der Theorie. Aber wie oft zeigen wir wirklich Interesse aneinander, akzeptieren einander mit all unseren Gemeinsamkeiten und Unterschieden und tun konkret etwas gemeinsam?

Das Zusammenleben in Frieden mit anderen beginnt damit, dass du einfach deinen Nächsten akzeptierst und ihm oder ihr das Recht gibst, so zu sein, wie er oder sie ist. Und manchmal reicht es nicht aus, einfach zu akzeptieren. Um in Harmonie zu leben, sollten wie unseren Nächsten besser kennenlernen und seine Autonomie, Authentizität und Anderssein anerkennen. Sobald wir es akzeptieren, können wir dann auch viele Ähnlichkeiten zu finden. Schließlich sind wir alle Menschen!

In der Gemeinde Ittigen bei Bern fand der diesjährige Nachbarschaftstag in verschiedenen Quartieren statt. Die ganze Gemeinde blühte mit der Vielzahl multikultureller „Inseln“ auf. Die Besucher konnten von einer zur anderen navigieren und das pulsierende Gemeinschaftsleben zu entdecken. Der Quartierparcour könnte dabei helfen, fünf verschiedene Quartiere neu zu entdecken: Eyfeld, Worblaufen, Kappelisacker, Mannenberg und Talboden. Die Luftballons halfen den Teilnehmern, sich zu orientieren und verschiedene interessante Kreuzworträtzel zu lösen, um die Gemeinde und ihre Quartiere besser kennenzulernen.

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Der Slogan der Gemeinde Ittigen – „Ehrlich, Engagiert. Stark“ (entstanden in 2008 zur Feier der 25-jährigen Eigenständigkeit) – spiegelte sich am besten in verschiedenen Aktivitäten während des Tages der Nachbarschaft. Wir können alle viel philosophieren oder diskutieren, wie wir miteinander leben können, oder wir können sozial engagiert werden und versuchen, in kleinen Schritten unsichtbare Barrieren zu durchbrechen, Menschen zu akzeptieren, die anders sind als wir, und einander näher zu kommen. Die Einwohner(Innen) von Ittigen wurden ermächtigt und freigestellt, die Mikroevents selbst nach ihren Bedürfnissen und Vorlieben zu organisieren. Daraus ergab sich eine sehr reiche und interessante Mischung aus Veranstaltungen in der ganzen Gemeinde Ittigen.

Bild: P.Schiro, 2022.


Menschen aus Ittigen waren an diesem Tag vereint durch Zuhören, Spielen, Essen, Singen und vieles mehr. Im Talgutzentrum einigten sich die Menschen über gemeinsames Singen und Beschicken verschiedener Köstlichkeiten.

Einige konkrete Ideen, wie das Leben in der Gemeinschaft verbessert werden könnte, wurden vorgestellt. Zum Beispiel hatten Ittiger Einwohner dank des Beitrags von Zerowaste Switzerland die Möglichkeit, sich auch mit der Abfallreduktion und dem Beitrag zum Klimaschutz vertraut zu machen.
Im Kappelisaker Quartier sorgten Live-Musik und Speisen unterschiedlicher Herkunft für gute Stimmung.

Kinder hatten die Möglichkeit, an der von Frauen unterschiedlicher Herkunft organisierten Erzählrunde teilzunehmen. Kleine Zuhörer waren nicht passiv. Sie konnten sich nicht nur an den Geschichten verschiedener Länder, die in verschiedenen Sprachen (Türkisch und Griechisch, Spanisch, Deutsch, Französisch und Ukrainisch) erzählt wurden, 
erfreuen, sondern auch an verschiedenen Gruppenaktivitäten von Basteln bis Spielen und Wettbewerben teilnehmen.


In Altikofen/Worblaufen und anderen Quartieren brachten gemeinsame Veranstaltungen Menschen unterschiedlicher Generationen zusammen. Niemand wurde vergessen: Familien, ältere Menschen, Alleinlebende oder Neuankömmlinge in der Gemeinde.

Es ist wichtig zu erkennen, dass gemeinsame Veranstaltungen nicht nur dazu beitragen, kulturelle Unterschiede zu verringern, sondern auch Brücken zwischen den Generationen zu bauen.

Ältere Menschen gehören nicht nur zum Altersheim, sie brauchen den menschlichen Austausch mit Jüngeren. Schulkinder können nicht nur von ihnen lernen, sondern ihnen auch helfen, sich nützlich zu fühlen, neue Technologien zu lernen und besser die Bedürfnisse der jüngeren Generation zu verstehen.


Hoffentlich, können wir nächstes Jahr mehr engagierte Menschen haben, die vielfältige Aktivitäten anbieten, die EinwohnerInnen unterschiedlicher Herkunft, Religion und sprachlicher Vorlieben vereinen könnten. Und natürlich müssen Sie nicht auf ein bestimmtes Datum warten, wenn Sie eine Initiative ergreifen, um das Gemeinschaftsleben zu verbessern, etwas in Ihrer Nachbarschaft zu organisieren oder etwas Sinnvolles für die Menschen zu tun, die neben Ihnen leben!

Bild:  P.Schiro, 2022.

Über Anna Butan

Anna speaks French, German, English and Russian. She obtained a Master Degree at the University of Bern (Cultural Studies) and a Bachelor at the Lomonosov Moscow State University (Philology). Anna has big interest in such themes as: identity, cultural hybridity, music, and raising children in multicultural context. She is convinced that our children can teach us a lot. They are not born with stereotypes but they risk to acquire them later under external circumstances. Our task as parents is to help them grow as conscious and culture-aware humans.

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