Solidarische Zivilcourage als Kultur
Kultur ist in unserer Seele tief verwurzelt. Wenn wir unterwegs sind, tragen wir unsere Kulturen genauso bei uns, wie die Schnecke ihr Haus. Sich selbst in einer anderen Kultur zu integrieren bedeutet nicht, dass die eigene kulturelle Identität deshalb aufgegeben wird. Das Zusammentreffen von unterschiedlichen Kulturen ist leider noch immer häufig mit Angst
verbunden. Manchmal ist diese Angst vor dem Anderen so gross, dass Menschen sich gegenseitig beleidigen und verletzen. In solchen Situationen gibt es immer zwei Verletzte: Jenen, der Schuldgefühle entwickelt und den anderen, der beleidigt wurde. Beide Seiten versuchen aus ihrer Angst heraus, den eigenen Kulturraum zu schützen und zu verteidigen; auch bei Kindern kann diese Differenz bereits problematisch sein.
Die neutrale Rolle als Vorbild
Als Kinderbetreuerin erfahre ich von den Kindern schnell mehr über ihre Kulturen und Herkunftsländer. Das ist stets eine grosse Bereicherung für mich. Manchmal bin ich jedoch natürlich auch mit Streitigkeiten zwischen den Kindern konfrontiert. Mit meiner neutralen Rolle versuche ich dabei stets, ein Vorbild zu sein. Ich erkläre, dass für jeden Menschen die eigene Kultur
wichtig ist. Dank meiner Einstellung gewinnen die Kinder positives Selbstvertrauen. Wir sollten allen Kindern ein vertieftes Verständnis für ihre eigene und für fremde Kulturen ermöglichen, denn Kulturen fallen nicht vom Himmel, sondern sind genauso ein wichtiger Bestandteil von Erziehung. Für mich beinhaltet Erziehung Respekt gegenüber anderen Mitmenschen. Viele unserer Werte werden uns durch das Elternhaus vermittelt und von hier tragen wir unsere eigenen Moralvorstellungen hinaus in die Welt. Die Schule ist eine zweite Chance für die Erziehung, die im besten Fall zum Ziel hat, die menschlichen Qualitäten in ihrer Entfaltung zu unterstützen.
Kultur ist wie eine Symphonie
Einmal verteilte ich zur gemeinsamen Aktivität an jedes Kind ein Blatt Papier. Eines der Mädchen bedankte sich dafür mit einer auffallenden Handgeste. Die anderen Kinder lachten sie deshalb aus, woraufhin das Mädchen anfing zu weinen. Ich nahm dieses Geschehnis zum Anlass, um mit den Kindern über Kulturen zu sprechen. Zur Veranschaulichung spielte ich einen Ton auf dem Klavier und sagte: >> Eine Symphonie besteht aus tausenden Noten. Einzeln sind sie ohne Sinn, einfach nur einzelne Töne. Zusammen aber ergeben sie eine vielfältige, harmonische Komposition. Genauso ist es auch mit uns. Damit die Welt erstrahlen kann, dürfen wir einander nicht beleidigen, denn in Wahrheit gibt es in dieser Welt keine Aussenseiter. Wir alle sind eine menschliche Familie und wir gehören zusammen<<. Jeder Mensch hat seinen Platz und seine Kultur. Am Schluss sangen wir gemeinsam ein Lied aus jeder Kultur. Das zuvor gekränkte Mädchen weinte nicht mehr und alle Kinder lachten miteinander. Ich selbst hatte das Gefühl, eine wichtige Prüfung bestanden zu haben.
Im Kulturstreit solidarisch Zivilcourage zeigen
Es gibt kein Patentrezept dafür, wie wir multikulturell glücklich miteinander leben können. Es gibt erfolgreiche Methoden, wie z.B. die gewaltfreie Kommunikation, die wir zur Verwirklichung nutzen können. Wir dürfen nicht schweigen, wenn es in Konfliktsituationen zu kulturellen Missverständnissen kommt, sondern sind angehalten solidarisch Zivilcourage zu zeigen! So setzen wir ein klares Zeichen gegen Diskriminierung und unsere gemeinsame Kultur ist der gegenseitige Respekt füreinander.
Sehr interessanter und sehr metaphorischer Vergleich. Bravo, Hava!