Als kinderlos gilt eine Person oder ein Paar, das sich entschieden hat, keine Kinder zu.
Ich erinnere mich nicht mehr genau, wann ich kinderlos wurde. Manche Menschen werden ohne diesen Wunsch geboren und andere entschieden sich aktiv gegen das Kinderhaben, obwohl sie vielleicht als Eltern glücklich gewesen wären. Die
endgültige Entscheidung, ein Elternteil oder eben kein Elternteil zu werden, ist eine ganz persönliche Angelegenheit, die Menschen in unterschiedlichen Lebensabschnitten und aus verschiedenen Gründen treffen. Jedoch gibt es keine eindeutige Methode, um zu bestimmen, ob man kinderlos sein sollte oder nicht. Ich persönlich habe es immer genossen, Zeit mit Kindern zu verbringen und auf sie aufzupassen. Aber da war immer eine innere Stimme, die mir sagte, eigene Kinder möchte ich nicht. Nie.
Eigentlich habe ich mich nie wirklich darum gekümmert, bis ich mich in meiner früheren langjährigen Beziehung aktiv dagegen entscheiden musste. Jedoch war es mir damals noch nicht bewusst, dass ich NIEMALS Kinder haben möchte und ich wusste nicht einmal, was Kinderlosigkeit bedeutet.Nach diese Beziehung, war ich sehr verwirrt. Simple Alltagssituationen verursachten mir Schmerzen, wenn ich ein junges Paar mit Kind im Park sah, eine schwangere Frauim Bus, ein weinendes Neugeborenes. Aber mein Schmerz war untypisch, mein Herz knirschte und meine Brust schrie stockend: „Das will ich nicht.“
Die Stereotypen hat das Muttersein schon immer als höchstes Ziel im Leben einer Frau dargestellt. Uns ist von klein auf eingehämmert, dass unsere gesamte Existenz der Reproduktion dient. Das ist der eigentliche Grund, wieso wir Frauen z.B. nicht in den Krieg geschickt werden. Wenn wir uns also entscheiden, unsere Reproduktionsorgane nicht in ihrem wahren Sinn zu nutzen, dann erfüllen wir den Sinn der weiblichen Existenz nicht.
Seitdem ich mit dem Konzept der Schwangerschaftsphobie oder auch Tokophobie (griech. phobos „Angst“, toko „Schwangerschaft“) vertrauter geworden bin, habe ich begonnen, die gesellschaftlichen Werte vermehrt zu hinterfragen, mich von ihnen zu lösen und probierte Bräuche und Traditionen zu überwinden. Aber so einfach, so einfach ist das nicht. Sie nagen trotzdem an mir, auch wenn ich es noch so fest versuche, mich von ihnen zu lösen.
Das ist er eigentliche Grund, warum ich aufgehört habe, mich mit Männer zu verabreden und warum ich die Idee von Beziehungen ablehne, auch wenn ich noch sehr jung bin. Meine Unsicherheiten haben angefangen, anders zu zuschlagen.
Und weil meine Bedürfnisse von der Norm abweichen, fühlt es sich an, als wäre es mir nicht mehr erlaubt, intime Gefühle für eine Person zu haben. Ich möchte nicht mehr jemanden treffen, eine spezielle Verbindung spüren, oder mich gar verlieben und dann realisieren, dass wir ein grundlegend verschiedenes Bedürfnis haben und nicht wissen wie weiter.
Ich möchte nicht das Gefühl haben, dass ich meinem Partner etwas schulde, nur deshalb, weil er eingewilligt hat, wegen mir keine Kinder zu haben. Selbst wenn jemand mir sagen würde, ich möchte auch keine Kinder, jeden Morgen würde ich mit dem Gefühl aufwachen, auf den Moment wartend, bis er sagen wird:
„Ich kann das nicht mehr“. Genau dann würde ich mich fragen, wieso kann ich nicht einfach normal sein?.
Es mag nicht realistisch erscheinen, aber eine solche Entscheidung hat ihren gerechten Anteil an Bedenken und Selbstzweifel. Unsere Gesellschaft romantisiert die Erfahrung der Familiengründung und im früher Erwachsenenalter werden wir uns mehr und mehr darüber bewusst werden, ob wir normal sind oder eben nicht.
Es ist so, normalerweise wenn ich sage dass, ich keine Kinder möchte, entspricht die Antwort entweder: „Du bist ja immer noch jung, deine Meinung kann sich später noch ändern!“ oder „Eines Tages wirst du jemanden treffen, der deine Meinung ändert“. Von aussen ist es ziemlich schwierig zu verstehen, dass sich dieser Wunsch nach Kinderlosigkeit egal in welchem Alter, mit welchen Interesse und Umfeld entwickeln kann.
Wir haben zum Thema Kinderlosigkeit eine Online-Umfrage gemacht. Dabei haben wir 119 Teilnehmerinnen aus dem Nahen Osten zwischen 20-45 jährig befragt. Unsere Frage war: Wenn du die Wahl hättest, würdest du dich gegen das Kinderkriegen entscheiden, auch es für dich biologisch möglich wäre, ein Kind zu
gebären? . 57% der Frauen antworteten mit JA, wobei 30% unter ihnen bereits eigene, blutsverwandte Kinder haben. Und 43% der Frauen stimmten NEIN, wobei ebenso 35% unter ihnen bereits Kinder haben.
F. M., eine 27-jährige Mutter sagte: "Die Ärzte haben mich gewarnt, dass Geburt sehr gefährlich wird für meine Gesundheit. Aber die Gesellschaft übte Druck auf mich aus, es wegen religiösen Gründen zu tun und auch mein Ehemann unterstützte mich nicht. Ich hatte schwere Komplikationen bei der Geburt unter welchen ich heute noch leide und wenn die Wahl alleine bei mir gelegen wäre, hätte ich es nicht getan.
Ebenso wurden Männer befragt, ob sie die Wahl ihrer Partner, keine Kinder haben zu wollen, obwohl es für sie biologisch möglich wäre, akzeptieren würden. 59% stimmt JA, niemand unter ihnen hatte eigene Kinder und 41% stimmte NEIN.
Auch wenn die Umfrage nicht für akademische Zwecke konzipiert wurde, es hat mir einen Einblick in die unterschiedlichen Aspekte gegeben, welche die Wahl des Kinderkriegens beeinflussen. Und mir wurde auch bewusst, dass es Frauen gibt, die keine Wahl haben.
„Kinderlose“ gibt es mit unterschiedlichem Hintergrund, Geschlecht, mit oder ohne berufliche Kariere. Sie sind zwar nicht mit dem Konzept selber, aber mit dem Gefühl keine Kinder zu wollen, vertraut sind.
Wichtige Themen wie die Phobie vor einer Schwangerschaft, mangelndes Interesse, ein Elternteil zu werden, oder das Gefühl, weniger menschlich zu sein, weil man keine Kinder will, werden nicht öffentlich diskutiert. Für das Konzept der Kinderlosigkeit werden wir nicht sensibilisiert, der Wunsch nach Kinderlosigkeit
erscheint schlichtweg als abnormal, selbst für diejenigen, die daran glauben.