Am 8.März, dem internationalen Weltfrauentag, wurde ich vom Wirbelwind der Blumen fortgetragen. Von den Blumen der Künstlerleinwand des Künstlers Alex Doll. Und von die Blumen zwischen den Pflastersteinen in der Berner Altstadt .
Als ich an einem Tag im Februar die Strassen der Berner Altstadt entlanglief, bemerkte ich ein Schaufenster, das sich von den anderen abhob. Es war so leuchtend und warm, dass es automatisch unsere Aufmerksamkeit auf sich zog. Farben. Jede Menge warmer Farben. Blumen. Überall Blumen: Auf der Leinwand, auf der Miniaturkopie eines Schweizer Chalets, auf einem Lebkuchen und sogar auf einer Gesichtsmaske. Das alles war für mich so ein starker Kontrast zu dem gewöhnlichen grauen Sandstein der Gebäude in der Altstadt von Bern, dass ich mich von den hellen Farbspritzern weggetragen fühlte.
Mein Sohn reagierte noch schneller auf die Wärme und Leuchtkraft des Künstlerschaufensters. Er winkte dem Künstler und der Künstler winkte zurück. Auf diese Weise lernten wir Alex Doll kennen, den Maler und Performance Künstler mit russischer Abstammung. Er liess uns die Linie überschreiten zwischen der grauen Berner Realität und der Magie seiner Gallerie, indem er uns spontan eintreten liess.
Möglicherweise ist es inkorrekt, eine Trennlinie zu ziehen zwischen Bern und der Galerie von Alex Doll, denn Alex ist ein wahrer Poet dieser Stadt. Eines der ersten Bilder, die er in der Schweiz gemalt hatte, wurde der Zytglogge gewidmet – das Symbol von Bern und architektonische Metapher der Zeit. Im Versuch, die Seele der Stadt einzufangen und seine Geheimnisse aufzudecken, widmete der Maler die ganze Serie der Stadt Bern bei Nacht. Was könnte ein besserer Weg sein, um eine Stadt und ihren Atem zu erfassen, als ein Spaziergang bei Nacht?
Der Künstler ist immer in Bewegung: er fährt auf seinem Fahrrad durch die Stadt. Daneben unternimmt er häufig Reisen ins Berner Oberland – eine seiner meist geliebten Regionen, in die er wieder und wieder zurückkehrt. Als ein junger, begabter Künstler von internationalem Niveau, ist er natürlich auch ein Weltreisender. Vor ein paar Jahrhunderten zogen seine Vorfahren vom Süden Deutschlands nach Russland. Dreihundert Jahre danach zog er vom Süden Russlands (aus der Stadt Orenburg), wo er ab einem Alter von 13 Jahren in einem orthodoxen Kloster lebte, in das Herz Europas.
Diese niemals endende Bewegung durchdringt seine künstlerische Arbeit: Wenn man eine Weile über die Blumenleinwand kontempliert, wird man zu dem Ergebnis kommen, dass die Blumen nicht statisch sind – sie tanzen auf der Leinwand! Alex gibt zu, dass er durch die Blumen eigentlich Menschen mit erhobenen Händen darstellen möchte. Nicht alle Blumen sind dieselben, sie weichen durch leichte Nuancen voneinander ab. Dieses Eingeständnis liess mich mit einem anderen Blick auf die Blumenleinwand schauen. Unsere Gesellschaft kann metaphorisch als eine farbenfrohe Wiese dargestellt werden, mit Einheit in Vielfalt. Jeder Mensch ist auf irgendeine Art und Weise eine Blume: so zerbrechlich ist das Leben der Seele und das Leben des physischen Körpers.
Bemerkenswert ist, dass ich zu einem anderen Zeitpunkt einfach vorbeispaziert wäre, ohne dem leuchtenden Schaufenster der Kunstgallerie grosse Aufmerksamkeit zu schenken. In der monochromen Realität der Pandemie jedoch, fühlte ich mich vom niemals endenden Winter müde. Ich war hungrig nach etwas Positivem, als ich hier vorbeilief und die künstlerische Wärme mich in meinem Geist erhob.
Wir brauchten möglicherweise alle ein wenig Blumen-Injektion in unserer Seele am Beginn des Monats März: Die Gesellschaft war so müde von der Angst, von den negativen Nachrichten und der begrenzten sozialen Interaktion durch die Covid-19 Beschränkungen.
Später im Gespräch gab Alex zu, dass die Monate des ersten staatlichen Lockdowns sehr schwierig für ihn waren. Es war eine Periode der Unsicherheit und Angst. Nicht nur, weil Museen und Galerien schliessen mussten: Im Herzen von Bern lebend, wurde der Maler Zeuge davon, wie die sonst so aktive und pulsierende Stadt plötzlich erschreckend still wurde. Dann im Herbst waren die einzigen Geräusche der verwelkenden Herbstblätter, die vom eisigen Wind weggetragen wurden, wieder und wieder zu hören. Sie durchbrachen die Stille wie ein Seufzen.
Alex Doll liess meinen Sohn seine Freunde aus dem russischen Leseclub einladen: Kleine neugierige Entdecker, im Alter zwischen 4 und 6, entdeckten eifrig das kleine, aber sehr spezielle Reich der Kunstgallerie. Das Blumenthema ist eines, das leicht mit der Seele und dem Geist der Kinder in Resonanz geht: Die Dynamik von warmen Farben, eine beschwingte Stimmung, überall positive emotionale Reaktion. Für einige dieser kleinen Jungen und Mädchen war es vielleicht die allererste Begegnung mit Kunst in ihrem Leben.
Es war überraschend für mich herauszufinden, dass die leuchtenden Blumenserien aus der Erfahrung von Traurigkeit und Einsamkeit geboren wurden. Alex Doll hatte das Blumenthema entwickelt, als er in Berlin lebte. Er fühlte sich einsam und melancholisch in dieser Stadt und begann, eine andere Realität zu entwickeln, die sehr viel einladender war. Die Realität der Blumen.
Die Idee war eigentlich als ein Triptychon geplant, aber endete später in einer ganzen Welt aus Blumen. “Die Hommage an Blumen“ ist ein multidimensionales Projekt das Gemälde beinhaltet (A.Doll), Gesang von Maria Gridneva (Sopran) und Vitaly Makarenko (tenor) aus dem „Open Opera Project„, Tanzperformance von Alexander Abdikarimov (Staatsballett Berlin) und ein Parfüm “Alex Doll & M.Micallef“ (Maison Micallef, Grasse, Frankreich). Indem er eine einzigartige intermediale Form nutzt, hat Alex Doll eine Kunst kreiert die duftet, klingt, sich bewegt und die intimsten Saiten der Seele berührt.
Es wäre natürlich unfair, Alex Doll nur mit dem Blumenthema zu assoziieren. Er ist ein sehr vielfältiger Künstler, Experimentierender, sogar ein Philosoph, ein brillianter Manager und ein ganz erstaunlicher Gesprächspartner. Solche thematischen Zyklen wie “Swiss Vision“, “Familie“ und “Auf Suworow‘s Spuren“ geben einen guten Überblick seiner künstlerischen Karriere. Alex Doll ist ebenfalls aktiv in den Bereichen Skulptur, Installation, Happening und Performance. Basierend auf seinen Bildern wurde sogar eine Briefmarkenserie in Liechtenstein entwickelt, die den olympischen Spielen 2014 gewidmet ist.
Alex Doll (geboren 1990 in Orenburg) ist Ehrenmitglied der Russischen Akademie der Künste und erhielt weitere Auszeichnungen. In der Schweiz bildete sich Alex Doll an der Schule für Gestaltung in Bern und Biel weiter. Seit 2019 hat Doll ein eigenes Atelier und eine Galerie in der Berner Altstadt. Seine Werke werden international präsentiert und in Sammlungen von Museen und Privaten aufgenommen.
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