Wir haben im Januar über das Partizipationsmotion «Haus der Stadtbewohner*innen» berichtet. Gestern hat uns in der Redaktion aber dann eine Überraschung erwartet. Die erste Partizipationsmotion in der Stadt Bern hat es geschafft, 200 Unterschrift zu sammeln und diese gestern um 10 Uhr beim Ratsekretariat einzureichen. Die Diversität
bei den Busfahrer*innen von BERNMOBIL wird mit einem integrativen Personalrekrutierungsverfahren nun gezielt gefördert.
Die Partizipationsmotion BERNMOBIL wurde von einer Gruppe von Frauen initiiert. Darunter sind die erste Unterschreiberin Andrea Rodino aus Argentinien und die Projektkoordinatorin und Mitarbeiterin von cfd, Carolina Hutmacher, welche mit uns im Videointerview gesprochen haben.
Die Förderung der Motion betrifft aber nicht nur Frauen, sondern geht es um einen Beruf, der bis jetzt meistens von Männer ausgeübt wird: der Busfahrer. Von der geforderten Veränderung in der Motion sind nämlich alle Menschen mit Migrationshintergrund betroffen. So auch die Aussage der Gruppe Partizipationsmotion BERNMOBIL: «Sprachkenntnisse bei Bewerbungsverfahren werden in der Deutschschweiz oft benutzt um Migrantinnen und Migranten oder Menschen aus anderen Sprachregionen der Schweiz zu benachteiligen. Menschen, die über grosse Berufs- und Lebenserfahrungen verfügen, werden somit nicht gerecht wahrgenommen.».
Der Vorstoss kommt aus der Erfahrung von verschiedenen Frauen und Männern, die bei der Bewerbung im öffentlichen Verkehrsunternehmen BERNMOBIL eine Diskriminierung aufgrund ihrer Sprache wahrgenommen haben. Sie durften für eine Stelle als Fahrer nicht berücksichtigt werden, weil bei der Stellenbeschreibung das Sprachniveau C1 angefordert wurde. Dieser internationale Referenzrahmen für Sprachen verlangt, dass man ein breites Spektrum anspruchsvoller, längerer Texte versteht und auch implizite Bedeutungen erfasst. Das ist Anforderung für ein universitäres Studium oder für eine Hochschule, dessen Abschluss aber bei einer Anstellung als Busfahrer*in nicht nötig ist.
Nicht nur Buschauffeure
Durch diese Motion wollen die Einreicher*innen der Motion auf diese Problematik, die viele Menschen und Berufe betrifft, aufmerksam machen. Laut Carolina Hutmacher ist das Gefühl aufgrund ihrer anderen Herkunft bei den Bewerbungsverfahren diskriminiert zu sein, sehr verbreitet. Oft wird die Anforderung «Deutsch als Muttersprache» als Barriere für Menschen mit Migrationshintergrund schon bei der Stellenbeschreibung benutzt. Die Motion will beim BERNMOBIL dieses Hindernis mithilfe eines integratives Personalrekrutierungsverfahren abschaffen und so einen wichtigen Schritt in
die Richtung einer partizipativer Stadt sein. Andrea Rodino sieht die Beteiligung an der Problematik von der Motionsgruppe als Hilfe für die Stadt, um die Integrationsziele 2018 – 2021 zu erreichen.
Die 200 nötigen Unterschriften für die Partizipationsmotion konnten die Motioner*innen ziemlich schnell sammeln. Sie haben sogar 70 Unterschiften mehr als nötig erreicht. In zwei Monaten haben insgesamt 270 Migrantinnen und Migranten, die eine Bewilligung B, C oder F haben und in der Stadt Bern seit mindestens drei Monate wohnhaft sind, diese Partizipationsmotion mit ihrem Unterschrift unterstützt. Ein Zeichen, dass die Diskriminierung bei den Rekrutierungsverfahren ein sehr aktuelles und wichtiges Thema bei der Migrationsbevölkerung der Schweiz ist.
In den nächsten Monaten wird die Gültigkeit der Unterschriften vom Ratssekretariat geprüft und dann an den Stadtrat weitergeleitet. Dort wird die erste Unterschreiberin, Andrea Rodino, die Motion im Plenum präsentieren. Es wird sich zeigen, ob auch die Politiker*innen das Anliegen der Migrant*innen -welche die 25% der Berner Bevölkerung darstellen- berücksichtigen und dadurch Bern als partizipative Stadt zur Realität wird.
kann.
P. Ciommi
Den ganzen Event kann man in diesem Video erleben:
Christina Anliker über die Partizipationsmotion: