Überwältigend! Der Frauenstreik 2023 hat unter die Mottos „Lohn, Zeit, Respekt“ und „Genug, basta, ça suffit!“ tausende von Frauen mobilisiert.
Warum nochmal streiken?
Frauen, Lesben, intergeschlechtliche, non-binäre, trans, agender und queere Menschen (FLINTAQ) protestierten heute 14.Juni 2023 wegen der niedrigeren Löhne und Renten gegenüber denen der Männer. Sie gingen auf die Strasse weil die meiste Arbeit, die sie leisten, nämlich die Familienarbeit, unbezahlt ist. Frauen, insbesondere Migrantinnen, werden zudem oft in der Arbeitsmarkt diskriminiert und sind gezwungen, die am schlechtesten bezahlte oder unbezahlte Arbeit überhaupt zu leisten. Deshalb hat am Vormittag die Gruppe Migration des feministischen Streikkollektivs Bern dem Stadtrat eine Partizipationsmotion überreicht, die verlangt, dass Migrant:innen durch gezielte Weiterbildung bessere Chancen auf dem Arbeitsmarkt erhalten.
Für viele Frauen in prekären Arbeitsverhältnissen war die Teilnahme am heutigen Frauenstreik ein freiwilliger Akt. Die Demonstration könnte so viele Menschen anziehen, weil sie nach der Arbeitszeit stattfand und weil eine Kinderbetreuung angeboten wurde. Dennoch waren es viele Mütter, die ihre Kinder dabei hatten. Rund 4’000 Mütter, Grossmütter und Kinderbetreuer*innen mitsamt Kindern und Kinderwagen ziehten durch die Altstadt Berns und verlangten Geld und Zeit für gute Kinderbetreuung. Bei dem von der «Eidgenössischen Kommission Dini Mueter» (EKdM) organisierten Umzug forderten die Teilnehmenden unter anderem die Einführung einer Elternzeit von mindestens einem Jahr und bessere Arbeitsbedingungen für Angestellte in Kitas und Tagesschulen.
Vor dem Start der Demonstration am Abend setzte die feministische Intervention „Un violador en tu camino“ (ein Vergewaltiger auf deinem Weg) von der Gruppe „Las Tesis“ ein kämpferisches Zeichen gegen sexualisierte Gewalt, Rape Culture und gegen das Patriarchat. Seit Beginn des Jahres wurden bereits elf Frauen in der Schweiz Opfer eines Femizids. Die geschlechtsspezifische, sexualisierte und häusliche Gewalt nimmt seit Jahren zu. Die Streikenden in Bern forderten genug Geld für Aufklärung, Prävention, Schutz und Hilfe für gewaltbetroffene FLINTAQ und ihre Kinder. Das Komitee verlangt, dass die Istanbul-Konvention, die die Schweiz schon vor sechs Jahren ratifiziert hat, nun endlich umgesetz wird.
In der ganzen Stadt Bern fanden am Streiktag rund 50 Veranstaltungen statt – auf Strassen und Plätzen, in Betrieben und Kirchen. Die insgesamt 60’000 Streikenden tagsüber und am Abend färbten Bern auch an diesem 14. Juni violett. Neben Bern gab es Demonstrationen in weiteren 19 Städten der Schweiz. Viele Frauen arbeiten bei der Stands, bei der Organisation und für die Sicherheit der Anlass. Die Organisation von Frauenstreiks erfordert viel Arbeit, oft ehrenamtlich. Viele Frauen haben in den letzten Monaten neben Familie und Beruf die Zeit gefunden, diese erfolgreiche Veranstaltung zu organisieren. Dafür möchte sich unsere Redaktion bei ihnen bedanken!
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