Rassismus in den Medien: Warum unsere Stimmen zählen

Vom 15. bis 22. März 2025 findet in Bern die 15. Aktionswoche gegen Rassismus statt. Dieses Jahr steht das Thema „Rassismus und Medien“ im Mittelpunkt. Heute, am 19. März, lädt Lucify.ch zu einer Medienwerkstatt gegen Rassismus ein…
Bild generiert mit KI über Rassismsus und Medien

Vom 15. bis 22. März 2025 findet in Bern die 15. Aktionswoche gegen Rassismus statt. Dieses Jahr steht das Thema „Rassismus und Medien“ im Mittelpunkt. Heute, am 19. März, lädt Lucify.ch zu einer Medienwerkstatt gegen Rassismus ein. Alle sind eingeladen, eigene Beiträge zu schreiben, Videostatement zu geben oder ein Podcast live aufzunehmen.

Doch warum ist es so wichtig, dass diskriminierte Menschen ihre eigenen Stimmen in den Medien hörbar machen? Um diese Frage zu beantworten, schauen wir uns an, wie Rassismus in den Medien funktioniert.

Wie funktioniert Rassismus in den Medien?

Rassismus in den Medien passiert oft unbewusst, aber er hat grosse Auswirkungen. Bilder, Worte und Berichte formen, wie wir die Welt sehen. Der Medienwissenschaftler Stuart Hall erklärte mit seiner Theorie der „Repräsentation“, dass Medien nicht einfach die Realität zeigen, sondern Bedeutungen erzeugen. Das heisst, wenn Migrant*innen oder People of Color immer als Problem oder Opfer gezeigt werden, dann beeinflusst das, wie Menschen über sie denken. Diese Bilder entstehen nicht zufällig, sondern werden durch gesellschaftliche Machtverhältnisse geprägt.

Hier kommt der Philosoph Roland Barthes ins Spiel, der erklärte, dass Symbole (Zeichen) eine grosse Rolle in der Gesellschaft spielen. Medien bedienen sich dieser Zeichen, um Bedeutungen zu verstärken. Wenn also immer wieder Bilder von „kriminellen Ausländern“ oder „gefährlichen Muslimen“ gezeigt werden, dann werden rassistische Vorurteile nicht nur reproduziert, sondern erscheinen auch als selbstverständlich. So wird Rassismus in der Gesellschaft normalisiert.

Medien als Werkzeug der Macht

Doch warum verbreiten Medien solche Darstellungen? Noam Chomsky spricht in seiner Theorie der „Propaganda“ darüber, dass Medien oft von mächtigen Gruppen kontrolliert werden, die bestimmen, welche Geschichten erzählt werden und welche Stimmen gehört werden. Medien sind somit nicht neutral, sondern dienen oft den Interessen derjenigen, die bereits Macht haben. In Bezug auf Rassismus bedeutet das, dass bestehende Vorurteile und Ungleichheiten durch Medien verstärkt werden können, anstatt sie kritisch zu hinterfragen.

Ein Beispiel für diese strukturelle Verzerrung ist die Theorie des „Orientalismus“ von Edward Said. Er zeigt, dass westliche Medien stereotype Bilder über den Nahen Osten erschaffen und aufrechterhalten. Diese Darstellungen zeigen den „Osten“ oft als rückständig, gefährlich oder exotisch, während der „Westen“ als überlegen erscheint. Dies führt dazu, dass Migrant*innen aus diesen Regionen in Europa und der Schweiz oft mit diesen negativen Stereotypen konfrontiert werden und es schwer haben, eine eigene, differenzierte Identität in den Medien zu präsentieren.

Warum müssen wir unsere eigenen Geschichten erzählen?

Wenn Medien von mächtigen Gruppen kontrolliert werden, stellt sich die Frage: Wer darf eigentlich sprechen? Die Philosophin Gayatri Spivak stellte genau diese Frage in ihrem berühmten Werk „Can the Subaltern Speak?“. Ihre Antwort war ernüchternd: Oft können unterdrückte Gruppen nicht selbst sprechen, weil ihre Stimmen systematisch ignoriert oder fehlinterpretiert werden. Das bedeutet, wenn wir nicht selbst unsere Geschichten erzählen, dann tun es andere für uns – und oft auf eine Art, die uns nicht gerecht wird.

Antonio Gramsci sprach in diesem Zusammenhang von der „Rolle der Intellektuellen“. Er betonte, dass jeder, dieder schreibt oder spricht, dazu beitragen kann, die Gesellschaft zu verändern. Wenn wir als Migrant*innen aktiv in den Medien präsent sind, können wir eine Gegenöffentlichkeit schaffen und Rassismus in den Medien entlarven. Genau hier schliesst sich der Kreis zu Stuart Halls Theorie der „Repräsentation“: Indem wir unsere eigenen Bilder und Geschichten schaffen, nehmen wir Einfluss auf die Bedeutung, die unsere Identität in der Gesellschaft hat.

Fazit: Medienarbeit gegen Rassismus

Wenn Migrant*innen ihre eigenen Geschichten erzählen, können sie rassistische Bilder in den Medien herausfordern. Es ist wichtig, unsere Stimmen zu erheben und unsere Perspektiven sichtbar zu machen. Genau darum geht es bei der heutigen Medienwerkstatt von Lucify.ch. Wer schreibt, verändert die Welt. Also: Schreib mit!

Die erwähnte Theorie kann auch als Video in dieser YouTube-Playlist angesehen werden:

Über Perla Ciommi

Perla ist Film- und Kulturwissenschaftlerin. Ihre Leidenschaft für die Filmproduktion begann 2000 in Bologna, Italien mit einem Videokurs. Als sie ein Jahr später einen Dokumentarfilm in Indien drehte, entschied sie für sich, dass dies ihr Weg sein wird. Seitdem dokumentierte sie mit ihrer Kamera unter anderem die Häuserbesetzerszene in Paris, die Community des Radio RaBe in Bern, die Lindy-Hop-Szene in der Schweiz und die politische Partizipation von Migrantinnen in der Schweiz. Nach einer Weiterbildung in Kommunikation hat sie sich auch dem Journalismus und der Kreation von Webinhalten gewidmet.

Alle Beiträge anzeigen von Perla Ciommi

Schreibe einen Kommentar

Diese Seite verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden..