Es war ein schönes Gefühl, dem Chor Siparantum zuzusehen und ihn bei seiner Sendung im besten kosovarischen Radio „Oxygen“ zu betrachten. Der Chor Siparantum ist ein musikalischer Kosmos in schwarzem Gewand. Dieses Ensemble zeichnet sich durch Dynamik, Flexibilität und originelle interkulturelle Interpretationen aus. Seine Heimat ist der Kosovo.
Der Chor ist gerade aus Berlin zurückgekehrt und der Dirigent Memli Këlmendi hat sich mit dem legendären Moderator und Komiker Besim Dina bei Oxygen Radio unterhalten.
Memli Këlmendi verkündete eine große Neuigkeit über ihre Reise. Er überraschte die Chormitglieder und das Radiopublikum mit der Nachricht, dass Siperantum eine Einladung zu den „World Choir Games“ 2022 in Korea erhalten hat. Die „World Choir Games“ sind eine Art Chorolympiade, bei der 300 hundert Chöre aus 90 Ländern antreten. Der Chor von Siperantum belegte den ersten Platz.
Das Interview mit Herrn Këlmendi
Lucify.ch: Herr Këlmendi, herzlichen Glückwunsch zu diesem Erfolg! Wir beginnen dieses Gespräch mit Humor. Der berühmte Dirigent von Karajan sagte, wenn man dirigiert, gibt es keine Demokratie. Stimmt das?
Këlmendi: Vielen Dank für diese schönen Worte, die eine Motivation für unsere Aufgabe sind. Von Karajan war nicht in die Politik involviert, aber er wusste, wie man mit politischen Situationen umgeht. Er bleibt der berühmteste Dirigent der Welt, er war einzigartig.
Lucify.ch: Ein Dirigent zu sein ist eine Herausforderung, weil die gesamte Verantwortung auf ihm lastet. Ist Siperantum Ihr erster Chor?
Këlmendi: Seit 2011 leite ich einen Schulchor, mit dem wir viele erfolgreiche Konzerte durchgeführt haben. Im Jahr 2015 war es meine Idee, einen weiteren Chor zu gründen. Zu diesem Zweck haben wir uns freiwillig und intensiv im kulturellen Leben engagiert. Mit der Unterstützung des Jugendzentrums At‘ Lorenc Mazreku konnten wir Konzerte in Venedig und später auch in unserem Heimatland veranstalten. Trotz unseres großen ehrenamtlichen Engagements lebte dieser Chor nicht lange, da wir keine institutionelle Hilfe hatten.
Im Jahr 2017 haben wir den Nationalen Chor „Siperantum“ mit Freiwilligen neu gegründet. Heute hat Siperantum: Kinderchor, Frauenchor, Männerchor und zwei Orchester.
Lucify.ch: Musik ist eine internationale Sprache. Haben Sie gute Kontakte zu anderen Kollegen aus anderen Ländern?
Këlmendi: Natürlich haben wir sehr gute Kontakte, zum Beispiel zu Dirigenten, Komponisten, Instrumentalisten, Chören usw. Siperantum hat viele Kooperationen und Austausche, Konzerte, Turniere, Musik ist der beste universelle Weg, um emotional zu kommunizieren.
Lucify.ch: Erzählen Sie uns etwas über die Geschichte von „Siperantum“
Këlmendi: Seit 2017 haben wir an mehr als 80 Veranstaltungen teilgenommen. Wir haben viele Kooperationen aufgebaut, aber der wichtigste Wert ist die Vernetzung mit anderen Weltchören. Die Vernetzung hat uns die Türen zum Erfolg in der Welt der Musik geöffnet.
Lucify.ch: Wie knüpfen Sie Kontakte mit anderen Ländern, obwohl Sie keine politische Person sind?
Këlmendi: Ich bin nur ein musikalischer Mensch, kein politischer. Die Kunst ist die stärkste Brücke zwischen den Nationalitäten. Musik ist eine universelle, saubere Sprache. Wo es Musik gibt, gibt es nur wenige Worte. In diesen Jahren haben wir so viele internationale Freundschaften mit den wichtigsten Persönlichkeiten der Welt geschlossen. Es ist die Welt der Musik, die das möglich gemacht hat.
Heutzutage haben wir in unserer Geschichte viele Werte von verschiedenen Weltkomponisten. Dies ist der Wert. Wir singen in der ganzen Welt und repräsentieren gleichzeitig unsere Kultur. Auch andere Komponisten verwenden unsere Musik. Das ist die wahre Verbindung zwischen den Nationen.
Lucify.ch: Plato sagte: „Je schöner die Musik eines Landes ist, desto stärker wird dieses Land“.
Këlmendi: Sehen Sie, Musik macht stark. Das ist etwas, was die Politik nicht zu leisten vermag. Ich denke, dass ein Künstler unprätentiös sein muss, nur dann ist er ein echter Künstler. Ich bin auch Mitglied des World Choir Council International, wo ich zum ersten Mal seit 3 Jahren mein Land präsentieren kann. Diese Position hat mir neue Horizonte eröffnet.
Lucify.ch: Jeder Chor hat seine eigene Identität. Was ist die wahre Identität von Siperantum?
Këlemendi: Unser Chor ist anders. Die Idee selbst war, einen anderen Chor zu schaffen. In unseren Chor fliessen verschiedene Choreographiestile ein, die mit dem Kosovo verbunden sind.
Lucify.ch: Können wir über Choreographie sprechen, wenn wir über einen Chor sprechen?
Këlemendi: Ich kann nicht gleichgültig bleiben, deshalb habe ich mich engagiert. Das ist bei den Veranstaltungen in Frankreich, Italien, Deutschland, Belgien usw. sehr beliebt. Das wird auch im World Choir geschätzt, besonders weil wir aus dem Kosovo kommen, in einem Wettbewerb mit Ländern, die 100 Jahre Erfahrung haben.
Wir haben nicht nur zeitgenössische, sondern auch klassische Musik im Programm, und bei unserem letzten Auftritt im Choral Space Berlin haben wir mit dem Regisseur Timothy Wayne-Wright zusammengearbeitet. Wir haben ein völlig anderes Programm zusammengestellt. Das hat sich besonders in unserer Arbeit niedergeschlagen. Viele Kritiker haben uns positiv gesehen. Das hat unsere Arbeit in ein gutes Licht gerückt. Das bedeutet, dass unser Chor Musik auf alle Arten interpretieren kann. Weltchöre, die streben das schon lange an und wir haben das auch erreicht.
Lucify.ch: Klassische Musik ist eine Art sakrales Gefühl, etwas, das in die jenseitigen Gedanken geht. Gibt es ein Lied, das den Toten des Kosovo-Krieges gewidmet ist, das ein Trost für die Angehörigen wäre?
Këlmendi: Ich habe viele solcher Lieder für Dokumentarfilme geschrieben. Vor einigen Jahren habe ich ein Lied für Elektronik und Gesang geschrieben, „Prite“, das folkloristische Elemente enthält und in einer anderen Form geschrieben wurde. Obwohl es modern ist, enthält es viele Leiden, die den lebenden Leiden gewidmet sind. Ein weiteres Werk, das ebenfalls der albanischen Wolke gewidmet ist, ist „Ex Alpes“.
Es ist eine Mischung aus elektronischem und Chorgesang im alpinen Stil. Das hat vielen Leuten in unseren Konzerten gefallen.
Lucify.ch: Im März waren Sie in Berlin. Was kommt als nächstes?
Këlmendi: Nach Berlin haben wir weitere internationale Festivals im Sinn. Nach dem grossen Erfolg bei den World Choir Games – wir haben in der Kategorie „Musica Contemporanea“ gewonnen und wurden als bester Chor unter 1000 Chören der Welt ausgezeichnet.
Lucify.ch: Was ist Ihr grösster Wunsch für Siperantum?
Këlmendi: Es gibt viele Wünsche und Ziele. Wir müssen arbeiten, um sie zu erreichen. Arbeit ist ein Schlüssel zum Erfolg.
Lucify.ch: Man sagt, Dirigenten leben lange?
Këlmendi: Die Musik lebt lange. Bei Dirigenten weiss ich es nicht, mal sehen!
Lucify.ch: Ihre Arbeit ist eine Würde für Ihr Heimatland, aber es ist eine freiwillige Arbeit, wie schaffen Sie das?
Këlmendi: Es ist eine schwierige Aufgabe, wenn auch eine wichtige. Wir sind mit vielen Hindernissen konfrontiert worden, von den einfachsten bis zu den banalsten. Aber wir werden niemals aufgeben. Ich bin allen Mitgliedern dankbar. Wir sind 45 Menschen. Oftmals unterstützen wir uns gegenseitig mit unserem geringen Budget. Es ist wunderbar, eine so große Familie zu haben, mit so viel positiver Energie und Liebe zur Heimat.
Wir sehnen uns eigentlich nach den schönsten Dingen im Leben. Wir wollen Freundschaften schließen und über die Musik mit anderen Ländern und Kulturen zusammen sein. Das ist großartig. Unsere Arbeit hat sich gelohnt. Aber wir brauchen Unterstützung.
Das größte Problem sind die Visa. Das ist eine große Belastung und kostet sehr viel! Es ist sehr teuer, sowohl in finanzieller Hinsicht als auch in Bezug auf das Engagement, um Visa für alle zu bekommen. Zum Glück gibt es viele Menschen auf der Welt, die uns immer unterstützt haben.
Lucify.ch: Woher nehmt ihr die Energie für diese Herausforderungen?
Këlmendi: Die Musik ist die stärkste Energie. Wenn junge Menschen handeln wollen und können, ist das von grossem Wert. Wie kann dann die Gesellschaft gleichgültig bleiben? Ich will einzigartig bleiben für ein gemeinsames Ziel.
Lucify.ch: Wie können Menschen aus der klassischen Musik Ihnen helfen und Kontakt zu Ihnen aufnehmen?
Këlmendi: Wir sind für jede Unterstützung dankbar. Wir schätzen die Zusammenarbeit mit anderen Chören.
Sie können uns über unser E-Mail kontaktieren.
Lucify.ch: Donika Rushiti ist eine bekannte Sängerin im Siperantum. Ihre Stimme ist wie eine magische Welle, die die Herzen des Publikums erobert. Sie ist eine geborene Musikfee.
Këlmendi: In unserem Chor gibt es viele schöne Stimmen, die von Donika ist eine der besten Stimmen. Ein Potenzial wie sie müssen wir unterstützen.
Donikas Stimme und ihre Interpretation sind bei Publikum und Komponisten sehr beliebt. Der berühmteste Dirigent Christian Bährens, der mit dem Chor Siperantum gearbeitet hat, hat ein Werk speziell für Donika geschrieben. Wenn ein großer Komponist ein extra Werk schreibt, zeigt das, dass Donika eine professionelle Sängerin ist. Wir sind glücklich, sie zu haben. Donika ist unser heller Stern in der Szene. Ihre Stimme, ihre Haltung, aber auch ihre Freiheit bei ihren Auftritten ziehen das Publikum in ihren Bann.