Wir sind es inzwischen gewohnt, viele Termine zu annullieren. Heute jedoch ist das für mich nicht der Fall. Ich nehme Teil an einem Projekt des Departements für Gesundheit und Umwelt. Dorthin bin ich mit dem Zug unterwegs. Ich sitze gegenüber von einem Jungen und habe das Gefühl, hier vor zu vielen Menschen und auch vor Ansteckungsgefahr geschützt zu sein. Der junge Mann spricht zu jemandem sehr leise ins Telefon: „Ich bin frei von dort… ich muss so reden, damit die anderen mich hier nicht hören“. Dann fügt er hinzu: „Nein, es ist nicht so gefährlich, nur für ältere Menschen ist es schwierig“.
Manche seiner Worte wirken wie eine Bombe auf mich.
Ich gehe am Hauptbahnhof Zürich nach oben und lasse den jungen Mann hinter mir. Der Bahnhof ist wie immer voller Menschen.
Am Veranstaltungsort angekommen, ist das Erste was ich sehe Desinfektionsmittel und eine Kollegin, die eine Schutzmaske trägt. „Ich bin momentan in Behandlung aufgrund einer anderen Erkrankung“ sagt sie zu mir „und alle haben ein bisschen Angst deshalb“.
Das erste Thema am Frauen- und Männertisch des Departements für Gesundheit und Umwelt der Stadt Zürich, ist das Corona-Virus. Die Angst ist im Raum. Corona, die „epidemische Krone“ (Corona heisst in der Übersetzung aus dem Lateinischen Krone), ist dabei die Welt zu erobern.
Eigentlich gibt es jedoch, bei all der Gefahr, auch etwas Schönes und Wahres: Die entstehende Solidarität. Corona verbindet unweigerlich auch Menschen, die eigentlich nie miteinander in Kontakt kommen. Wir alle reden gemeinsam über diese Thematik, versuchen Probleme zu bewältigen und zusammen Lösungen herbeizuführen. Zu Beginn war die Stimmung noch mehr geprägt von Angst, doch nachher verwandelte sie sich sogar etwas in Spass. Zuerst war ich schockiert, als ich Witze über Corona hörte, doch dann änderte ich meine Meinung.
Was erschafft Angst?
Angst ist niemals hilfreich, sie bringt uns nicht weiter.
Deshalb habe ich selbst etwas Humorvolles über Corona geschrieben: „Corona hat in der Schweiz keine Resilienz, denn schliesslich gibt sich die Schweiz neutral. Corona wird sich nicht entscheiden können, Links oder Rechts anzustecken und schliesslich lieber selbst, die eigene Krone retten‘. So schrieb ich es in einem Post auf Facebook.
Hier in diesem Text möchte ich auch nicht über Schutzmassnahmen schreiben, denn sie sind bereits überall vom Bundesamt für Gesundheit veröffentlicht. Vielmehr ist es mir wichtig, die Informationen unserer Frauen- und Männertische weiterzuleiten.
Frau Hofmann, hat uns ausdrücklich darüber informiert, dass auch Sans Papiers in diesem Zusammenhang Unterstützung erfahren. Wenn sich geflüchtete Menschen und Sans Papiers schwach fühlen oder Angst haben, können sie sich jederzeit unter dieser Nummer: 058 463 00 00 melden. Sans Papiers sollen sich trauen, diesbezüglich Hilfe zu holen und nicht fürchten, dass sie deshalb bestraft oder ausgewiesen werden können. Dies garantiert das Projekt MEDITRINA, welches dem schweizerischen Roten Kreuz und dem Gesundheitsdepartement der Schweiz untersteht.
„Katastrophen sind Hilferufe der Liebe“ schrieb Andreas Tenzer, ein deutscher Philosoph. Gegenüber den Auswirkungen dieser Epidemie sind wir alle gleich und wir werden uns dieser Gleichheit mehr denn je bewusst. Ein Virus fragt nicht nach einer Bewilligung und auch nicht nach dem Geschlecht oder einer Religion. Das beste Gegenmittel ist, gemeinsam zu kämpfen und Lösungen zu finden, um die Situation zu stabilisieren. So können wir von den momentanen Umständen rund um das Corona-Virus schliesslich auch etwas lernen: unser Planet fragt nicht nach Grenzen. Den Problemen unserer Zeit, können wir nur gemeinsam angehen.